Farbtemperatur

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der_fotograf
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Farbtemperatur

Beitrag von der_fotograf »

Zur Zeit experimentiere ich mit einem simplen Film (Kodak Gold 200 für KB).

Abgesehen davon, dass die einfachen Kodak-Filme immer etwas wärmere Töne haben, d.h. die Farbtemperatur in Richtung Rot/Gelb verschoben sind, bieten sie dennoch einen recht grossen Tonwertumfang.

Da mir der warme Ton nicht so sehr gefällt, habe ich mit der Farbtemperatur als Layer experimentiert. Setze ich die Farbtemperatur auf z.B. 6.200 K, sieht das Foto etwas »normaler« für mich aus.

Da der Scan eines Negativfilms kein reines Weiss (RGB 255/255/255) hat, kann ich das leider auch nicht mit der Pipette messen, respektive sind die Unterschiede nur marginal, aber die Änderung in der Bildwirkung ist relativ gross.

Jetzt die Frage: Was genau macht eine Änderung der Farbtemperatur? Ist das nur eine blaue Filterebene, die über das Foto gelegt wird, oder ist der Vorgang komplexer?
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der_fotograf
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Re: Farbtemperatur

Beitrag von der_fotograf »

Um das mal zu illustrieren:

Scan ohne weitere Bearbeitung, nur verkleinert

scan_180707_0054N_test_01.jpg
scan_180707_0054N_test_01.jpg (94.56 KiB) 4422 mal betrachtet
Scan mit Bearbeitung. Saturation + 20%, Contrast + 5%, Color Temperature 6.200 K

scan_180707_0054N_test_02.jpg
scan_180707_0054N_test_02.jpg (94.91 KiB) 4422 mal betrachtet
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bkh
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Re: Farbtemperatur

Beitrag von bkh »

der_fotograf hat geschrieben: Di 06 Aug 2019 22:46 Jetzt die Frage: Was genau macht eine Änderung der Farbtemperatur? Ist das nur eine blaue Filterebene, die über das Foto gelegt wird, oder ist der Vorgang komplexer?
Wie PL das tatsächlich realisiert, weiß ich nicht. Aber normalerweise funktioniert das über das Farbmanagement – die konkrete Umrechnung für den jeweiligen Farbraum steht im Farbprofil.

Den theoretischen Hintergrund kannst du z. B. bei Bruce Lindbloom http://www.brucelindbloom.com/index.htm ... Adapt.html nachlesel.

L. G. Burkhard
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der_fotograf
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Re: Farbtemperatur

Beitrag von der_fotograf »

Also, ich glaube, dass die Änderung der Farbtemperatur nicht unbedingt etwas mit dem Farbmanagement zu tun hat, denn es ist fast egal, welchen Farbraum ich zuordne, der »Warmton« ändert sich dadurch nicht.

Meine Scans haben grundsätzlich den Farbraum ECI v2 RGB, also Offset Druckstandard. Da kann ich die Sättigung erhöhen, ohne dass es grenzwertig aussieht. Erst wenn ich das JPEG generiere, wird der Farbraum sRGB zugewiesen, weil das ein Standard fürs Netz oder einfache Drucker ist. Dann wird allerdings — wie oben — die Sättigung schon kritisch.

Die Farbtemperatur-Funktion habe ich bisher nur bei PL und meinem Nikon RAW Konverter gesehen. Im RAW Konverter kann ich das noch in etwa nachvollziehen, aber bei einem Scan nicht, weil der ja (nach Info des Softwareherstellers) z.B. auf eine Weiss Balance abgeglichen wurde. Dort wird ein Weisspunkt gesucht, und der Rest der Farben »zieht nach«. Natürlich kalibriere ich vorher den Scanner für den Negativfilm, um die Orangemaskierung des Emulsionsträgers herauszurechnen, sonst wird es unansehnlich.

OK, das war jetzt nur der Hintergrund für den Scan. Irgendwas ist an der Änderung der Farbtemperatur dran, was ich noch nicht so ganz verstanden habe. Vielleicht können die Entwickler hierzu etwas sagen?

Noch was: Ich habe einen Punkt mit der Farbposition gesetzt (das Zielkreuz im Kreis), und dann die Farbtemperatur in ein neues Layer gepackt. Dann sehe ich in der »Bildinformation« bei Aktivieren der »Compact Representation« die Änderung der Zahlenwerte in einer separaten Spalte synchron mit der Änderung des Histogramms, wenn ich den Layer ein- oder ausschalte. Das ist schon mal eine sehr gute und tolle Funktion, die ich so noch nirgendwo anders gesehen habe. Auch deshalb würde ich gern wissen, was da passiert...
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der_fotograf
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Re: Farbtemperatur

Beitrag von der_fotograf »

Ein paar Recherchen weiter: Bei anderen bekannten Produkten kann man die Farben über »Tonal Adjustments« ändern, aber das ist eine elende Frickelei, weil es von dem Bildbearbeiter abhängt, welche Farben er verändert. Insofern ist das in PL grossartig gelöst, weil es mit klar definierten Werten auf der Basis von Farbtemperaturen basiert. Wenn man weiss, dass Kerzenlicht irgendwo im Bereich von 2.700 K und Tageslicht (oder Normlicht) im Bereich von 6.500 K liegt, dann kann man damit wunderbar sogenannte »Farbstiche« beseitigen.

Noch ein Beispiel.

Original Scan:

scan_20190619_0016_test_01.jpg
scan_20190619_0016_test_01.jpg (51.68 KiB) 4389 mal betrachtet
Farbtemperatur auf 6.100 K geändert:

scan_20190619_0016_test_02.jpg
scan_20190619_0016_test_02.jpg (52.22 KiB) 4389 mal betrachtet
Das ist eine faszinierende Möglichkeit, die Filme mit der »alten« Anmutung von früher auf einen relativ normalen Farbeindruck zu bringen, wenn man die warmen Farben der alten Kodak-Emulsionen nicht unbedingt haben will.
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Martin Huber
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Re: Farbtemperatur

Beitrag von Martin Huber »

der_fotograf hat geschrieben: Mi 07 Aug 2019 09:20(...) Irgendwas ist an der Änderung der Farbtemperatur dran, was ich noch nicht so ganz verstanden habe. Vielleicht können die Entwickler hierzu etwas sagen? (...)
Es ist so wie Burkhard geschrieben hat: Das läuft über die Farbverwaltung. Das aktuelle Farbprofil wird für die Zieltemperatur abgeändert und dann eine Farbraumtransformation durchgeführt.

Martin
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der_fotograf
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Re: Farbtemperatur

Beitrag von der_fotograf »

Super, dankeschön für die Information! Die Farbraumtransformation fehlte mir als Puzzleteilchen...
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gerryW
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Re: Farbtemperatur

Beitrag von gerryW »

Bei dem Haustür-Bild finde ich die Korrektur etwas zu hell und die Einlagen in den Türen zu "hellblau" (müßte eher graublau sein).

Ich würde die Histogrammkorrektur nutzen. Dort den Grün-Kanal auf 98% reduzieren und den Blau-Kanal auf 97%. Dann sieht mir das ganze natürlicher aus und wirkt dem "Rotstich" entgegen.

Beim Küchenbild auch mit Histogrammkorrektur - Rotkanal (dunkel) hoch auf 3,5%, Grünkanal 98%, Blaukanal 96%.

Für die Helligkeit den RGB-Gammawert ändern, in der Histogrammkorrektur.
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der_fotograf
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Re: Farbtemperatur

Beitrag von der_fotograf »

Ich habe das Foto mal mit der Histogrammkorrektur bearbeitet. Gefällt mir nicht, das Original sieht anders aus, eher die Mitte zwischen den Fotos oben.

Bisher hat die Funktion »Color Temperature« recht gute Dienste geleistet.

Mal schauen, zurzeit sind es Experimente und Spielerei, mehr noch nicht. Sollte es für meine Pläne funktionieren — super. Wenn nicht, ist es kein Verlust. Wie heisst es so schön: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Da ist was dran!
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russellcottrell
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Re: Farbtemperatur

Beitrag von russellcottrell »

For film scans or faded photos, curves adjustments may do better than color temperature. Create a curves layer, stay with RGB, then select the gray pipette and click an area that should be neutral gray. In the photos above, try the gray sidewalk to the right, or the front of the hanging light fixture (or whatever that is). Then, a color temperature adjustment may be added to fine tune it.

My guess is that color temperature adjustment is most accurate for a digital photo that was taken with the wrong temperature setting.
derpeter
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Re: Farbtemperatur

Beitrag von derpeter »

Hallo,

"gefällt mir nicht" (Geschmack) ist immer eine individuelle, subjektive Angelegenheit.
Für Anfänger ist die Änderung der Farbtemperatur doch eine schnelle und einfache Angelegenheit, um den kalt/warm Eindruck zu ändern.
Fortgeschrittene werden wohl zur Histogrammkorrektur greifen, weil man dort die einzelnen Farbkanäle plus den Gammawert einzeln und präzise einstellen kann. Das geht bei der Farbtemperatur nicht.

Irgenwo im Bild einen Graupunkt zu suchen ist wohl mehr Experimentererei oder auf einen Zufall hoffen. Es müsste ja ein exakter mittlerer Grauwert sein . . . ??? Und dann muss trotz allem noch das Auge entscheiden.
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der_fotograf
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Re: Farbtemperatur

Beitrag von der_fotograf »

Zitat:
»Irgenwo im Bild einen Graupunkt zu suchen ist wohl mehr Experimentererei oder auf einen Zufall hoffen. Es müsste ja ein exakter mittlerer Grauwert sein . . . ??? Und dann muss trotz allem noch das Auge entscheiden.«

Yup, das ist wie bei der Belichtungsmessung -> Objektmessung ohne Graukarte. Was genau ist GRAU? Deshalb sollte man einen weissen Punkt suchen, das ist einfacher. Problem bei Negativfilm: Was ist Weiss? Selbst wenn ich um +3 EV überbelichte, habe ich noch kein reines Weiss.

Mit der Farbtreue ist das eh eine schräge Sache. Da werden alle Prozesse und Geräte kalibriert, dann wird gedruckt (Andruck) und Agentur und Kunden sehen sich die Drucke an, sind zufrieden und fahren mit ein paar Druckbogen nach Hause. Ich wette dann immer, dass das Telefon sehr bald klingelt, und bisher traf es zu: In den Büros ist kein Normlicht, und somit liefen die Farben wieder komplett aus dem Lot.

Die Sache mit dem Histogramm ist mir zu aufwendig, ich habe jetzt mal 20 oder 30 Fotos mit der Color Temperature geändert, und sie sehen — für meine Pläne — wunderbar aus. Wenn ein Ausreisser drin ist, kann ich die Ebene doppelclicken und noch eine Änderung durchführen. Ich habe mir dafür eine Aktion zusammengestellt, die die 3 Ebenen/Layer gruppiert, d.h. ich kann die komplette Änderung mit einem Klick ein- und ausschalten, um den Unterschied zu sehen und ggf. einzugreifen.

Russell,

these are new scans from a current film. Kodak Gold 200 — Kodak doesn't claim or guarantee color accuracy at all for this product ;-)
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russellcottrell
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Re: Farbtemperatur

Beitrag von russellcottrell »

Of course, there is more than one way to do it. But curves can give you more control. Even a near-gray will get you into the ballpark, then you can fine-tune it with color temperature if you want. Or you can use a “memory color” like a skin tone and adjust the curves manually, either in RGB or LAB. Or you can have the subject hold up a gray card at the beginning of the shoot. Or if you are a fanatic, a Color Checker target. :)
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der_fotograf
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Re: Farbtemperatur

Beitrag von der_fotograf »

Russell, I do have a color checker, but I don't use it. A color checker is great for calibrating a digital camera and the RAW process.

In my experience there is an even faster method: I have a calibrated credit card size gray card (with color value tables and a certificate) and added some teflon/PTFE sealing tape on one half. In some critical images I place this card somewhere in the scene — it is so unobtrusive that I can retouch it in the final image. The PTFE tape is 100% pure white, so I can pick either the gray or the white part with the eye dropper in the editor to get a correct white or gray point and adjust the image accordingly.

To calibrate negative film, I have an IT 8.7 target from Wolf Faust (http://www.targets.coloraid.de/). I take an image from it and after the film has been developed, I scan the image and open it with »roughProfiler« (Argyll CMS) from Jose Pereira. It is for OS X and works great. Then can use the profile for scanning (this is a very short description of the process). This is my standard procedure for my professional work.

However, there is a caveat: I have to profile each and every film, because the »simple« emulsions of the Kodak Gold 200 varies from film to film. Professional film does have batch numbers, that means if you purchase i.e. 20 films with the same batch number, you can profile the first film an then just scan the rest with identical values.

Vuescan from Ed Hamrick (and his son) does have a built in profiling option — at least in the professional version. Both processes (roughProfiler and Vuescan) deliver almost identical results.

That said, I can perform every possible correction and precision on my end for professional images, but I don't have any control on the other end: the printing or the lab. In many cases I don't even know the lighting conditions of the environment, where my images will be presented. Will it be a halogen lamp, a tungsten lamp, a »norm light« or daylight?

Do I really want to kill the film look and color rendering (Anmutung in German) for projects like this? No, not really. I want the film to look as film, not as digital without soul.

As much as I like the soft color rendering of Kodak Portra 160 or 400, I perceive the color rendering of the simple Kodak Gold 200 a tad too much on the warm side.

I have already had 4 images printed @ 60x40 cm for a test gallery, and they look great. That's all I want for my project: a »normal« and authentic look. If I want the modern look or do professional work, I'd use my digital or MF or large format systems.

For this project I use one of those worlds smallest and legendary »full frame« precision cameras, which deliver 23.4 MP (5884x3970 px) 16/48bit images after scanning:

_DSC9897_copy.jpg
_DSC9897_copy.jpg (91.79 KiB) 4244 mal betrachtet
Let the fun start right here!
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derpeter
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Re: Farbtemperatur

Beitrag von derpeter »

Hallo,

es stimmt wohl, das die Histogrammkorrektur zeitaufwändiger ist (besonders bei 30 Fotos oder mehr), aber dafür auch genauer.
Eine einfache Änderung der Farbtemperatur erhält zudem den "Analog-Look" und den Charakter des Films, wenn man sie zurückhaltend einsetzt. Eine Erhöhung der Farbsättigung (Saturation) um 20% ist aber schon heftig und verfälscht in Richtung "moderner Digital-Look" (schön Bunt).

Aber wenn man seinen Bearbeitungsweg gefunden hat und mit dem Ergebnis zufrieden ist . . .
dann ist doch alles paletti . . .

Viel Spass noch mit der analogen Fotografie.
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